Fuji GFX100S II - ein subjektives Review

Prolog:

Es begab sich aber zu der Zeit, als eine Sony A7C2 in meinen kleinen Sony-Kosmos Einzug hielt, man könnte meinen ein Spielzeug verglichen mit der Königin Sony A1, die in der Lage ist, alle fotografischen Inhalte und Genres zu meistern und dabei über alle zu dominieren. Ausser sehr kompakt, das ist sie nicht, kompakt aber schon.
Die kleine A7C2 hat sich aber in mein Herz geschlichen, kompakt, immer dabei, in allem gut genug (wo die A1 schon zu gut für mich ist), und 33Mp reichen mir für das Meiste. So kam die A1 nur noch an die frische Luft, wo ich gerne höhere Auflösung habe, Landscape, Architektur etc. oder Crop benötigte, oder halt im Tele-Bereich mit 100-400, da das Gehäuse mit größeren Objektiven halt angenehmer zu handhaben ist. Dies führte dazu, dass sich immer mehr Gedanken bei mir einschlichen, na wenn schon hohe Auflösung, dann tausche doch die A1 mit Fuji GFX 100.
Das hat gut 1,5 Jahre gedauert, A1 bei Kleinanzeigen eingestellt, Rückzieher gemacht, Fotoladen GFX 100S II angeschaut, A1 wieder online gestellt, Rückzieher gemacht, James Popsys auf YT geschaut, GFX wieder im Kopf, gutes Angebot gesehen, A1 wieder online, guten Käufer gefunden, A1 verkauft, GFX bestellt, Wochen vergingen, warten…

Chapter One - Arrival:

Warten auf etwas, was man sich gekauft und gewünscht hat ist sonst anders, Ungeduld, kribbeln im Bauch, Vorfreude, Warte-Frust, und wenn es dann da ist - wie Weihnachten. Hier nicht! Unsicherheit, Zweifel, verhaltene Vorfreude, besänftigende Dialoge im Kopf…
Als die A1 damals kam, mit voller Aufregung zum Laden, ab nach Hause, ausgepackt, schnelles Vorspiel, etwas beschnuppern, ab nach draußen und los. Es war ok, die A1 zu verkaufen, aber es war die tollste, emotionalste und aufregendste Kamera, die ich in 45 Jahren Fotografie in der Hand hielt, bis zum Schluß. Und ich bin früh zu Sony, weil ich die Kompaktheit einfach super fand. Und wenn ich eine A1 in die Finger kriege, liebe ich sie!

SMS vom Händler, GFX ist da. UUps. OK, muss ich abholen. Alles geregelt, Karton ins Auto, muss noch Dinge erledigen. Dann zu Hause, Karton auf den Schreibtisch, ich habe fast Angst, ihn zu öffnen. Was zu trinken holen, sich in Ruhe hinsetzen, Karton gefühlt in Zeitlupe zu mir herziehen und auspacken. Sie ist schon groß, nicht schwer, aber groß. Haptisch alles gut, aber keine Schmetterlinge im Bauch. Objektiv ausgepackt, 35-70/4.5-5.6, nicht so schwer, Größe geht noch. Und ich denke, au Backe, wie groß ist dann das 20-35/4 (welches später mein Hauptobjektiv werden soll, muss noch sparen). Habe früher während des Studiums 2 Jahre im Fotoladen gejobbt, kenne das, neue Kameras in der Hand zu haben, macht mir eigentlich nichts. Also Objektiv dran, noch ein bischen damit spielen, aus die Maus und hinlegen. Diesen Tag nicht mehr anfassen.

Ich könnte jetzt noch so weitermachen, das wäre ein langer Weg. War es auch! Immer wieder mal ‘ne Stunde oder 2, nicht jeden Tag, gut einen Monat lang, nur zu Hause! Was fürn blödes Menü, was bedeutet das denn, Recherche im Netz, für Sony gibt’s komplette Menü-Rundowns bei YT, nicht bei Fuji. Muss mir alles zusammensuchen, es geht langsam voran. Zwischendurch immer mal Fotos aus dem Fenster, Einstellungen vergleichen, was macht dies, was macht das, reincroppen in LRC ist schon der Wahnsinn, was für Details! Knöpfe und Räder belegen, ausprobieren, überlegen, nee lieber so, oder? Langsam ernährt sich das Eichhörnchen, dann habe ich sie soweit, zumindest 95%! Dann liegt sie auf dem Schreibtisch, tagelang. Auf jeden Fall ist sie bei mir noch nicht eingerastet, das verunsichert mich weiter, weil war nie so.

Chapter Two - erste Fototour:

Wochenende, Wetter gut, Vespa wartet immer in der Garage. Heute Richtung Nordsee, Trinken und Snacks eingepackt, Stativ und L-Bracket, für alle Fälle. GFX um den Hals und los, ungeplant, nur grobe Richtung. Ab und zu kurz angehalten und Foto gemacht. Vor Bremerhaven denke ich, da ist doch das alte Kernkraftwerk Unterweser, wollte ich immer mal hin. Also los. Hat etwas gedauert, kommt man nicht so leicht in die Nähe - Stelle gefunden, übern Holzzaun geklettert auf den Deich. Ist keine so gute Komposition drin, also Stativ raus, erst alle Seitenverhältnisse durchgeknipst, dann alle Filmsimulationen, mal sehen ob davon was taugt. Dann weiter Richtung Brake, an einem Hafenbecken halte ich an, hat irgendwie was. Vespa abstellen, Kamera scharf machen und rumlaufen. Wow, was für ein Sucher, groß, sehr hell und super Farben, wow. Es macht sich bezahlt, dass ich die Fuji so sorgfältig konfiguriert habe, so gut wie alles am rechten Platz, hier und da noch mal falsch gedrückt, das regelt später die Routine. Das schnelle Umschalten auf die verschiedenen Crops macht Spaß, teste auch hier und da weiter die Film-Sims, könnte jetzt noch 2 Stunden weitermachen. Die Uhr sagt, hey du musst los. Aber das waren das erste mal gute Gefühle mit der GFX!

Dann erst wieder im Urlaub im September, 3 Wochen Schweiz, Cinque Terre und Toskana und Südtirol. A7C2 ist mir leider am Anfang runtergefallen, alles ok aber der Sucher gesprungen und innen verdreckt, ging nur mit Display. Aber ich wollte ja eh hauptsächlich mit der GFX. Immer noch ambivalent, nach dem halben urlaub sagte ich noch zu meiner besseren Hälfte, dass ich glaube, dass ich die GFX nach dem Urlaub wieder verkaufe und dann Ruhe schaue, wie ich weitermache. Vielleicht auch A7C2 verkaufen, A7CR kaufen und nur mit einer Kamera weitermachen, vielleicht guter Plan.
Vielleicht hat die GFX das gehört und sich Mühe gegeben, oder mir was in den Tee getan, wer weiß? Am Ende des Urlaubs war klar, sie bleibt, keine kameramässige Monogamie, sie ist zufrieden mich mit der A7C2 zu teilen.

Fazit:

Ich war nie wirklich verliebt in die GFX100S II, der AF ist selbst verglichen mit der A7C2 nichts Dickes, aber für Ihren Einsatzzweck bei mir völlig ok. Die direkten Crop-Möglichkeiten (z.B. 24x65 mit 50MP!) finde ich für die Komposition vor Ort einfach mega, die Films-Sims muss ich mir nochmal genauer vornehmen, aber einige sind auch so schon nicht schlecht. Schärfe und Details suchen ihresgleichen, ich bin auch zufrieden mit den Möglichkeiten, die Kamera auf mich zu personalisieren. Wenn ich sie in die Hand nehme, dann durchläuft mich kein angenehmes Gefühl (wie bei der A7C2, oder sehr bei der A1), es ist mehr wie ein gutes Werkzeug, das man mag aber mit dem man emotional nicht so verbunden ist. Und ein wirklich gutes Werkzeug ist sie, das sieht man später bei der Bildbearbeitung!
Die emotionale Verbundenheit mit meinem Equipment hat immer eine wichtige Rolle bei mir gespielt, das hat sich mit der GFX geändert. Vielleicht ist es auch eine Form von persönlicher Reifung, ich kann nichts wirklich Negatives über die GFX sagen, was ich nicht vorher wußte und was für mich deshalb kein Problem darstellt. Je öfter ich mit Ihr fotografiere, desto mehr lerne ich sie auch lieben und schätzen! Sie wird mir immer zu groß und zu schwer sein, aber damit habe ich mich arrangiert. Und meine Art, meine Kameras zu tragen (vielleicht mache ich mal einen Blog darüber) sorgt eh dafür, dass ich das Gewicht nicht so merke. Mittlerweile ist das 20-35/4 dazugekommen, das 110/2.0 wird noch folgen irgendwann.
Die A7C2 bleibt mit 40/2.5 (meine to go Linse), 20-70 und 100-400, bei den letzteren beiden mit Smalrig Bottom Plate für besseres Handling.

Die GFX ist für mich eine Vernunftehe, die ich aber mittlerweile nicht mehr missen möchte! Sie ist meine Diva für episches, großes Kino, ich liebe das Display (und besonders weil ich es auch nach oben und untern kippen kann) und den tollen Sucher, genug Auflösung auch für die Crops, ich mag die Farbwiedergabe, bei extremeren Bearbeitungen im Farbbereich ist auch die 16bit Farbtiefe zu merken, auch die Bedienung ist gut meine Bedürfnisse zu konfigurieren!
Wenn sie nur kleiner wäre! Aber dann muss man sich wohl nicht für Medium-Format entscheiden, oder? So what!

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Vollformat “on a budget”: Sony A7C-II